22.07.2009 KAMPF GEGEN SCHWEINEGRIPPE"Händewaschen schützt viel besser"Von Veronika Hackenbroch, Rom
Mit Hochdruck arbeitet die Pharmaindustrie an einem Impfstoff gegen die Schweinegrippe. Ist das sinnvoll oder nur ein riesiges Geschäft? Der Influenza-Experte Tom Jefferson kritisiert Warnungen vor der Epidemie als Panikmache - und glaubt, ein probates Mittel gegen die Seuche zu kennen.
Die Schweinegrippe breitet sich immer weiter aus. Doch ist das so schlimm? Wie groß ist die Gefahr wirklich, dass das Virus in einer zweiten Welle im Herbst in einer weitaus gefährlicheren Form zurückkommen wird? Wie gut hilft das Medikament Tamiflu? Und was wird die Impfung bringen?
Es ist nicht leicht, jemanden zu finden, der zu diesen Fragen eine unabhängige Einschätzung geben kann.
SCHWEINEGRIPPE: WELTWEITE ANGST VOR DER PANDEMIE
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Unabhängig von den faszinierten Virologen, die sich über die Pandemie zu freuen scheinen wie Astronomen über eine Sonnenfinsternis im eigenen Land. Unabhängig von der Weltgesundheitsorganisation WHO, deren Bedeutung durch die Schweinegrippe sprunghaft gestiegen ist. Und unabhängig von der Pharmaindustrie, die durch Impfstoff und Grippemedikamente wie Tamiflu jetzt Milliardengewinne einfährt.
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Wenn überhaupt jemand zum Thema Schweinegrippe eine unabhängige Einschätzung liefern kann, dann ist es wahrscheinlich Tom Jefferson. Seit 15 Jahren arbeitet der 55-jährige britische Arzt und Epidemiologe für die internationale Cochrane Collaboration, ein von Industrie und Interessenverbänden unabhängiges Netzwerk von Wissenschaftlern. Die Cochrane Collaboration hat es sich zur Aufgabe gemacht, zu medizinischen Fragen sogenannte Reviews zu erstellen, in denen der durch wissenschaftliche Studien gesicherte Stand des Wissens zusammengefasst ist. Jefferson ist Cochrane-Grippe-Experte. Seine Reviews zu Themen wie Impfung und Tamiflu haben in Fachkreisen einen fast schon legendären Ruf.
Wer Jefferson besuchen will, muss nach Rom fahren. Mitten in der Altstadt, in der Nähe des Quirinal-Hügels, hat er ein winziges Büro. Klimaanlage, Schreibtisch, Computer. "Mehr brauche ich für meine Arbeit nicht", sagt er. An der Wand hängen Kinderfotos. Versucht er eigentlich, sich und seine Familie irgendwie vor der Schweinegrippe zu schützen? "Wir waschen uns die Hände", sagt er. "Möglichst oft. Aber dabei geht es nicht nur um die Schweinegrippe. Händewaschen schützt auch vor anderen Viren, die grippeartige Symptome verursachen, und ebenso vor Magen-Darm-Infektionen."
DAS SCHWEINEGRIPPE-VIRUSDer Erreger Es handelt sich um ein Influenza-A-Virus mit der Bezeichnung H1N1, das sich von Mensch zu Mensch übertragen kann. Schweine gelten bei der Grippeausbreitung als besonders gefährlich, weil sich verschiedene Viren in ihnen gleich gut vermehren und auch mischen können. Ein H1N1-Virus war auch der Auslöser der Spanischen Grippe, die zwischen 1918 und 1920 weltweit mindestens 25 Millionen Menschen getötet hat.
Das Virus wird durch Händeschütteln, Niesen und Husten übertragen. Obwohl es wahrscheinlich von Schweinen stammt, sehen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Regierung in Mexiko keine Gefahr durch den Verzehr von Schweinefleisch. Die WHO schreibt in einem Frage-Antwort-Katalog: "Das Schweine-Influenza-Virus wird bei Temperaturen von 70 Grad Celsius abgetötet."
Die Schweinegrippe bewirkt ähnliche Symptome wie eine normale Grippe: plötzliches Fieber, Muskelschmerzen, trockener Husten und ein trockener Hals. Allerdings sind der einhergehende Durchfall und die Übelkeit stärker ausgeprägt.
Neue Virenstämme können sich rasch ausbreiten, weil es keine natürliche Immunität gibt und es Monate dauert, bis ein aktueller Impfstoff entwickelt und produziert ist. Der neue Stamm des Schweinegrippe-Virus unterscheidet sich vom H1N1-Virus, gegen das die aktuellen Grippeimpfstoffe schützen.
Die gewöhnliche Grippe tötet jedes Jahr 250.000 bis 500.000 Menschen, vor allem ältere Menschen. Die meisten sterben an Lungenentzündung. Auch gesunde Menschen können tödlich erkranken.
Nach ersten Tests gewährt die gegenwärtig in den Impfstoffen verwendete H1N1-Komponente keinen Schutz gegen den neuen Stamm. Die Weltgesundheitsorganisation WHO und die US-Behörde für Seuchenkontrolle (CDC) haben Proben des neuen Stamms des Schweinegrippe-Virus H1N1 isoliert, um sie zur Entwicklung eines Impfstoffs an industrielle Produzenten weiterzugeben. Die Viren müssen in speziell präparierten Hühnereiern heranreifen, bevor sie als Grundlage für Impfstoffe verwendet werden können. Dieser Prozess dauert mehrere Monate.
Nach derzeitigem Wissensstand bieten die Wirkstoffe Oseltamivir (Handelsname Tamiflu) und Zanamivir (Handelsname Relenza) Schutz gegen das Schweinegrippen-Virus. Diese Wirkstoffe behindern unspezifisch die Vermehrung von Influenza-A- und Influenza-B-Viren im Körper.
Grippeviren gehören zu den wandlungsfähigsten Erregern, die bekannt sind. Die Entwicklung gänzlich neuer Typen ist zwar selten, aber extrem gefährlich. Meist springen dabei irgendwo in der Welt Viren von Vögeln oder, wie jetzt in Mexiko, von Schweinen auf den Menschen über. Wenn sie in dessen Körperzellen auf andere, ältere Grippeviren treffen, kann sich ihr Erbgut mischen und völlig neue Erregertypen entwickeln.
Obwohl er sich Tag für Tag vor allem mit Zahlen beschäftigt, mit komplizierter Studien-Statistik und Qualitätskriterien, ist Jefferson ohne Frage ein sehr praktisch denkender Mensch. Bevor er anfing, für die Cochrane Collaboration zu arbeiten, war er zehn Jahre lang Hausarzt bei der britischen Armee, er betreute Soldaten und ihre Angehörigen. "Ich denke immer noch wie ein Hausarzt", sagt er. "Ich frage mich immer: 'Was bringt es den Menschen auf der Straße?'"
Als Epidemiologe, der wie ein Hausarzt denkt, fing Jefferson irgendwann an, sich beim Thema Grippe Fragen zu stellen. Warum eigentlich messen Seuchenkontrollbehörden auf der ganzen Welt ständig die Aktivität von Influenza-Viren wie die Windstärke oder Luftfeuchtigkeit? Warum lebt die ganze Welt seit Jahren in Furcht vor der nächsten Grippe-Pandemie? Sind diese Viren wirklich so gefährlich?
GRATIS-HOTLINE DER BUNDESREGIERUNGUnter 0800-
44 00 55 0 können sich Bürger ab sofort telefonisch über die Schweinegrippe informieren. Die kostenlose Hotline wird vom Bundesgesundheitsministerium betrieben und ist montags bis donnerstags von 8 bis 18 Uhr, freitags von 8 bis 12 Uhr und am Wochenende und an Feiertagen von 10 bis 16 Uhr zu erreichen.
Jefferson fing an, Studien auszuwerten, und fand heraus: Von den grippeartigen Erkrankungen, also Erkrankungen mit plötzlich einsetzendem hohen Fieber, Husten, Schnupfen und Gliederschmerzen, werden im Durchschnitt nur sieben Prozent tatsächlich von Influenza-Viren ausgelöst. Die restlichen 93 Prozent dagegen von mehr als 200 verschiedenen anderen Erregern, von denen einige mindestens so gefährlich werden können wie echte Grippeviren. Auch bei den 10.000 bis 30.000 "Grippetoten", die es in Deutschland jedes Jahr Schätzungen zufolge gibt, sind Menschen dabei, die an diesen anderen Erregern verstorben sind.
Insgesamt aber ist diese "Grippesterblichkeit" nach dem Zweiten Weltkrieg aus bislang unbekannten Gründen dramatisch zurückgegangen, sie beträgt heute nur noch einen Bruchteil von damals. Die Grippe-Pandemien von 1957 und 1968/69 sind deshalb in der Todesstatistik kaum noch zu erkennen.
"Natürlich muss man vor Grippeviren, also auch vor dem Schweinegrippe-Virus, auf der Hut sein, weil sie instabil sind und leicht mutieren können", sagt Jefferson. "Trotzdem finde ich es verrückt, welche Katastrophen uns Jahr für Jahr von den Grippeexperten vorausgesagt werden. Manchmal kommt es mir vor, als hätten die WHO, Virologen und Pharmaindustrie geradezu Sehnsucht nach einer Pandemie gehabt."
FORUM
Schweinegrippe – Müssen wir Angst vor dem Virus haben?Jefferson hat dafür keine wissenschaftliche Begründung, sondern nur eine wirtschaftliche. "Gegen Influenza-Viren gibt es, anders als gegen die anderen 200 Erreger der grippeartigen Symptome, einen Impfstoff und auch Medikamente", sagt er. "Dahinter steckt das große Geld der Pharmaindustrie! Die sorgt auch dafür, dass Forschung über Influenza in guten Journalen veröffentlicht wird. So findet sie mehr Beachtung, und das ganze Forschungsfeld wird für ambitionierte Wissenschaftler interessant."
Die Konzentration auf Influenza hält Jefferson nicht nur für falsch, sondern für gefährlich. "Erinnern Sie sich noch an Sars?", fragt er. "Das war eine wirklich gefährliche Krankheit, viele Menschen sind gestorben! Es kam aus dem Nichts, schnell wie ein Meteor, und hat uns völlig überrumpelt, weil es von einem völlig unbekannten Coronavirus ausgelöst wurde."
Doch statt in alle Richtungen hin wachsam zu bleiben, sei um die eine Idee, den einen Gedanken von der drohenden Influenza-Pandemie im Laufe der Jahre eine ganze Maschinerie aufgebaut worden. Geld, Einfluss, Karrieren, ganze Institutionen hingen daran. "Alles, was es jetzt brauchte, um diese Maschinerie in Gang zu bringen, war ein kleines, mutiertes Virus", sagt Jefferson trocken. Auf seiner italienischen Homepage läuft schon seit Jahren ein "Grippe-Pandemie-Countdown", der jedes Jahr am 1. April ausläuft.
防御猪流感的战役
“洗手预防猪流感更有效”
制药产业在巨大的压力下研制预防猪流感的疫苗。而这一研发是否有意义或者只是一笔巨大的生意?流感专家Tom Jefferson批判传染病的预警成为恐惧的制造者-并且相信,一种有效预防瘟疫的药物要被人所认知。
猪流感一直不断地扩散。然而其是如此严重吗?这一危险到底有多大?流感病毒会在秋季再次以更加危险的方式席卷而来?达菲药物到底有多大的帮助?而疫苗将会带来什么?
要找到一个人能够对这个问题给出一个独立的估计不是一件容易事。
猪流感:世界性的瘟疫恐惧
不依赖于对病毒着迷的病毒学专家,因为他们对瘟疫的兴致就正如宇航员对于出现在自己国家的日食的喜悦。也不依赖于通过猪流感意义跳跃式提升的世界卫生组织。也不依赖于通过疫苗和治疗流感的药物如达菲现在囊入亿万利润收益的药物产业。
如果确实有人能够提供一个关于猪流感独立的评估,那么这个人大概就是Tom Jefferson了。15年来,这位55岁的英国医生也是瘟疫专家在一个国际的Cochrane Collaboration机构,即一个不依赖于工业和利益集团的科学家们的组织。Cochrane Collaboration 做了一个对医学问题进行了一个所谓回顾的项目,其中对知识的通过科学性的研究确定的状况做了总结概括。Jefferson是Cochrane的流感专家。他的对主题疫苗和达菲的回顾在业内已经有着几乎传奇的声誉。
谁想拜访Jefferson就必须去罗马。在旧城的中心,Quirinal山丘的附近就是他微小的办公室。空调、写字台、电脑。“对于我的工作,我不需要更多的东西了。”他说道。墙上挂着孩子的照片。究竟他试图以某种形式预防猪流感保护自己和家人么?“我们竟可能的勤洗手,”他讲道,“但是这不只是针对猪流感。勤洗手也预防流感性症状引起的病毒同样也预防肠胃道感染。”
猪流感病毒
病源体
这是关于一个能够在人与人之间传播的流感A型病毒通称为甲型H1N1。而在流感传染中猪禽被视为特别危险,因为不同的病毒在它们中能够逐渐积极繁殖而且混杂起来。一个H1N1的病毒则也是曾在1918至1920年在世界范围内导致了至少两千五百万人丧失性命的西班牙流感的诱因。
尽管他每天首先忙于数字,复杂的研究数据和质量标准,但是Jefferson毫无疑问是一个非常实际且会思考的人。在他为Cochrane Collaboration工作之前,他在英国军队里作为家庭医生工作长达十年,他负责照顾士兵和他们的亲属。“我一直还以一名家庭医生思考着,”他说道,“我一直问自己,这个病毒会给路上的人们带来什么?”
作为一个传染病学家,而以一个家庭医生的身份在思考的Jefferson, 他已经开始针对流感方面提出问题。到底为什么瘟疫控制局在整个世界测量病毒的活动如同测量风力或空气湿度?为什么整个世界长年生活在对将产生的流感瘟疫的恐惧之中?这个病毒真的是如此危险吗?
联邦政府的免费热线
拨打0800-4400 550公民能够立即通过电话获取关于猪流感的信息。这个由联邦健康部经办的免费热线,从周一到周四早八点至晚六点,周五由早八点至中午十二点,周末与公共假期则是从早十点到下午4点都可以拨打。
Jefferson开始对研究做评估,并且从中发现,由流感而得的疾病,即发病伴随着突然出现的高烧、咳嗽、流鼻涕和四肢疼痛,事实上平均有百分之七是由流感病毒引发的。剩下的百分之九十三相反则是由超过两百种不同的由一些至少危险能够达到一些真的流感病毒的病原体所引发的。在一万至三万的流感死亡中,根据每年德国的估计,有一部分人死于别的病源体。
总计二战以后由于到现在为止不可知的因素的流感死亡已经急剧的下降,并且这种死亡现在只占当时的极小一部分。因此在1957年和1968至1969年的流感瘟疫在死亡统计中几乎不被人关注。
“当然必须要对流感病毒,以及对猪流感病毒加以提防,因为这些病毒是不稳定的并且容易变异。”Jefferson说到。“尽管如此我发现其是很疯狂的,要病毒专家预言每年发生的灾难。有时候我觉得,似乎世界卫生组织、病毒学专家和制药产业完全是渴望有一种瘟疫。”
猪流感-我们必须对其病毒害怕吗?
对此赞同Jefferson没有科学上的理由,而只有经济上的理由。“防御流感病毒,这里有另外针对另外两百种病源体的症状,一种疫苗和药物。”他说到,“背后却隐藏着制药业的巨资。其业负责关于流感研究在优秀的期刊的发表。因此它发现得到更多的关注,以及对于有野心的科学家们整个研究领域将变得有趣。
Jefferson认为对流感的专注不仅是错误的,而且是危险的。“您还记得非典吗?”他问道,“那是一个真的危险的疾病,许多人因此而丧命!不知它从何处来,快如流星,而且使我们完全惊愕,因为它有一个完全陌生的Coronavirus所产生的。”
然而代替四面八方都保持警觉,是关于一个想法,对于威胁性的流感瘟疫的思考在几年里一个完全的运行体制被建立起来。钱,影响,事业,整个机构出了问题。“所有的,现在需要的,使这个体制运转的,是一个小的、突变的病毒,”Jefferson冷冷地说道。在他意大利的主页上已经好几年运行着一个每年四月开始的“流感病毒倒数计时”。
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