HIRNAKTIVITÄT
Informationen über die Zukunft wirken auf Gehirn wie Belohnung
Vorfreude ist die schönste Freude: Zu wissen, was die Zukunft bringt, ist für das Gehirn ähnlich wertvoll wie ein kühler Schluck Wasser bei durstiger Kehle. Dies haben Forscher bei Versuchen mit Rhesusaffenfestgestellt.
Cambridge - Schon die Aussicht auf etwas Schönes macht zufrieden, wie Wissenschaftler am National Institutes of Health in Bethesda herausgefunden haben. Das Belohnungszentrum reagiere auf Informationen über zukünftige Annehmlichkeiten genauso wie auf die Erfahrungen selbst, berichten Ethan Bromberg-Martin und Okihide Hikosaka im Fachjournal "Neuron" (Bd. 63,S.119). Je schneller die Information dabei zur Verfügung stehe, desto besser.
Für ihre Studie boten die beiden Forscher zwei Rhesusaffenjeweils die Wahl zwischen zwei Farben, die auf einem Monitor erschienen. Eine davon signalisierte, dass anschließend eine Information darüber folgte, wieviel Wasser die Tiere am Ende des Versuchs erhalten würden. Die andere signalisierte lediglich, dass es Wasser geben würde. Gleichzeitig überwachten die Wissenschaftler die Aktivität einzelner Nervenzellen in einem zentralen Bereich des Gehirns, der Substantia nigra, die als wichtiger Teil desBelohnungszentrums gilt und beispielsweise aktiv wird, wenn Hunger oder Durst gestillt werden.
Die Äffchen wählten praktisch immer die Farbe, die ihnen Auskunft über die Größe des Wasserschlucks gab, beobachteten die Forscher. Das Muster an Nervenzellaktivität, das während dessen entstand, glich dabei exakt dem, das die Belohnung - der Schluck Wasser - selbst hervorrief: Der Hinweis auf einen großen Schluck ließ die Neuronen feuern, der auf einen kleinen rief nur mäßige Aktivität hervor.
Demnach sind also die Nervenzellen, die für die Befriedigung primitiver,grundlegender Triebe verantwortlich sind, auch für komplexe Belohnungen und Antriebe zuständig, in diesem Fall den kognitiven Vorteil durch Informationen über die Zukunft.
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Die Affen hätten aktiv danach gestrebt, möglichst präzise Informationen über die spätere Belohnung schnell zu bekommen, berichten dieForscher. So erreichen sie eine Minimierung der Unsicherheit ihrer aktuellen Situation und lernen gleichzeitig etwas über ihre Umgebung. Vermutlich bewerte das Gehirn Wissen um zukünftige Ereignisse deswegen als wünschenswert, weil es helfe zu lernen, wie man der Umwelt begegnen und sie vielleicht sogar verändern könne, schreiben Bromberg-Martin und Hikosaka.
Die Informationen über die Zukunft seien quasi der Treibstoff für die Lernmaschine. Dieser Aspekt müsse bei künftigen Modellen, mit denen das Lernen erklärt werden soll, auf jeden Fall berücksichtigt werden, betonen die Wissenschaftler - bisherige Modelle würden ihn nur zum Teil oder gar nicht einschließen.
Zudem zeige die Entdeckung einmal mehr, dass das Belohnungszentrum zwar vielleicht ursprünglich dazu diente, fundamentale Triebe wie Hunger und Durst zu verwalten. Im Lauf der Evolution entwickelte es sich jedoch immer mehr zum Werkzeug, mit dem auch sehr komplexe Zusammenhänge und Persönlichkeitsmerkmale gesteuert werden. hda/ddp